Brühler Bilderbogen April 2006

Umfrage: Sprachtest, Fragenkatalog oder Freifahrtschein – Ihre Meinung zu d.gepl. Einbürgerungstests

Umfrage: Sprachtest, Fragenkatalog oder Freifahrtschein – Ihre Meinung zu den geplanten Einbürgerungstests?

Das Thema kam kürzlich im Rahmen des Wahlkampfs zu den ersten Landtagswahlen in diesem Jahr auf und wurde sogar innerhalb der Parteien kontrovers diskutiert. Hessens CDU-Ministerpräsident Koch war beispielsweise dafür, der Bundestagspräsident Lammert (ebenfalls CDU) dagegen. Die Rede ist von Einbürgerungstests mit bis zu 100 Fragen u.a. aus den Bereichen Politik, Kultur und Wissenschaft. Inwieweit sind sie geeignet oder sogar erforderlich, um die Gesinnung und die Tauglichkeit” von einwanderungswilligen Menschen zu beurteilen? Wir haben uns zu diesem Thema in der Brühler Innenstadt einmal umgehört.
 



 


 

Renate Vorndran mit Ehemann Otto:

 
Ich finde es nicht verkehrt. Wer in einem Land leben möchte, sollte sich über die Gepflogenheiten informieren und danach leben. Wer z.B. nach Neuseeland auswandern will, muss bestimmte Voraussetzungen erfüllen. Die nehmen dort nur Leute auf, die Berufe ausüben, die im Land benötigt werden. Auch die Grundkenntnisse der Sprache sollten schon da sein.



 

Jahangir Alaeddin:

 
Ich glaube, es ist kein Problem. Wenn jemand unbedingt Deutscher werden will, sollte er auch über Kenntnisse wie ein Realschüler verfügen. Ich finde das legitim. Auch ein Sprachtest gehört dazu. Ich habe meine iranische Staatsbürgerschaft nicht aufgegeben und bin kein Deutscher. Die Iraner entlassen einen nicht so einfach aus der Staatsbürgerschaft. Wenn ich Deutscher geworden wäre, hätte ich kein Visum mehr für den Iran bekommen und könnte keine Verwandten mehr besuchen.



 

Ernst-Alfred Baumeister:

 
Ich denke, dass sollte gemacht werden. Es gibt ja Leute, die sind seit zehn Jahren hier und können immer noch kein deutsch. Sprachtests sollten gemacht werden. Wenn man hier leben möchte, sollte man die Sitten respektieren und sich ein bisschen anpassen. Erst recht, wenn man den deutschen Pass haben will.



 

Rosemarie und Dieter Jansen:

 
Sprachtests sollte es auf jeden Fall geben. Die Sprache ist das wichtigste Kommunikationsmittel. Die muss man können, wenn man eingebürgert werden möchte. Bei diesem Fragebogen sind wir skeptisch. Der ist nicht so wichtig. Viele Deutsche könnten ihn wahrscheinlich selbst nicht beantworten. Wenn man so etwas will, müsste man es vorher fördern und einen Kurs Staatsbürgerkunde geben. Wichtig wäre noch, dass sich die Menschen, die eingebürgert werden wollen, zum Grundgesetz bekennen und vor allem die Gleichstellung von Mann und Frau respektieren. Außerdem wäre eine bundesweit einheitliche Regelung wünschenswert.



 

Alexander von Hopffgarten mit Ehefrau Sandra:

 
Ich halte gar nichts von einem Katalog mit 100 Fragen. Das ist ja schon alleine ein riesiger bürokratischer Aufwand. Die Leute, die man im Land haben möchte, bestehen ihn nicht, die anderen schaffen es garantiert. Ich verstehe nicht, was der Zweck dieses Tests sein soll. Die Zahl der Asylbewerber geht zurück, ich kann da kein Problem erkennen. Es ist wohl nur ein Wahlkampfthema. Wer schon lange hier lebt und Arbeit hat, hat nachgewiesen, dass er es kann.



 

Bernd Kranz:

 
Der 100 Fragen umfassende Einbürgerungsantrag des Landes Hessens liegt mir vor. Aus persönlichem Interesse heraus habe ich mir den ausdrucken lassen. Ich muss sagen, dass die gesamten Testfragen bis auf die ersten acht eher zur Abschreckung dienen und die Einbürgerungswilligen von ihrem Ansinnen abbringen. Ich persönlich wäre ohne intensive Recherche nicht in der Lage, viel mehr als etwa 20 Fragen zu beantworten. Es fängt schon bei den Grundrechten an. Einbürgerungswillige sollen durchaus von Politik und Landeskunde einen gewissen Umfang von Kenntnissen haben. Dieser Fragebogen ist jedoch meiner Meinung nach ein völlig untaugliches Instrument für die im Grunde sinnvolle Zielsetzung.



 

Ingrid und Helmut Krüger:

 
Bei diesen Fragen wären wir nicht dafür. Die sind unsinnig und die muss man nicht unbedingt wissen. Da muss man ehrlich sagen, dass man viele selbst nicht weiß. Dennoch sollte man etwas vom Land wissen, in das man eingebürgert werden möchte. Grundlegende Dinge über die Geschichte oder das Grundgesetz. Es sollte mehr in Richtung Eignungstest in Form einer Unterhaltung gehen. Die Leute sollten die Sprache einigermaßen gut sprechen, lesen und schreiben können.


Eine Umfrage von Tobias Gonscherowski (Text) und Bernhard Münch (Fotos)

 

Editorial April 2006

Liebe Leser,
 
der April steht in Brühl ganz im Zeichen der Verleihung bedeutender Auszeichnungen. In der Rathausgalerie wurde die Bonner Künstlerin Jutta Reucher für ihre eingereichten Linolschnitte mit dem oseph-und-Anna-Fassbender-Preis geehrt. Kurz zuvor wurde in einer eierlichen Zeremonie in der Galerie am Schloss am 115. Geburtstag von Max Ernst der diesjährige Gewinner des nach ihm benannten Stipendiums ausgezeichnet. Patrick Niemann erhielt das mit 3.500 Euro dotierte Max Ernst Stipendium, die beiden Nächstplatzierten weitere Geldpreise. Alle Kunstliebhaber können die Werke der Künstler sowohl in der Galerie am Schloss als auch in der Rathausgalerie noch einige Tage begutachten.
 
In der Aula des Max Ernst Gymnasiums fand darüber hinaus eine Feierstunde statt. Anlass war das 25-jährige Jubiläum der Umbennung des ehemaligen Städtischen Gymnasium” in Max Ernst Gymnasium, eine damals übrigens nicht unumstrittene Entscheidung. Wie man in Brühl mit Max Ernst und seiner Kunst früher umgegangen ist, gehört zu den bekanntermaßen nicht ganz so erfreulichen Kapiteln der Stadtgeschichte, die dann aber immerhin doch noch ein versöhnliches Ende nahm.
 
Ob sich Max Ernst heute beim Betreten des Foyers der nach ihm benannten Schule über den Anblick des Nachdrucks seines dort hängenden berühmten Selbstporträts aus dem Jahr 1920 gefreut hätte, darüber lässt sich nur spekulieren. Vielleicht hätte es ihm gefallen. Vielleicht hätte er auch den Mut und die Dreistigkeit bewundert, dass sein Werk von den Lehrern der Fachschaft Kunst im Handstreich mit einem unübersehbaren blauen Streifen im linken Bildviertel versehen und seine Wirkung völlig verändert wurde. Vielleicht hätte ihn diese Entstellung und Verfälschung aber auch geärgert. Kenner seiner Kunst sprechen fassungslos von einer Verunstaltung des Porträts und davon, dass die Größe Max Ernsts geschmälert wurde. Sie reagieren mit Kopfschütteln, Empörung und Ablehnung. Welche Meinung man nun auch immer vertritt, für Gesprächsstoff ist gesorgt. Und dass auch heute noch, dreißig Jahre nach dem Tod von Max Ernst, über sein Werk so leidenschaftlich diskutiert wird, das hätte ihn ganz sicher gefreut.
 
Wir wünschen Ihnen viel Freude mit dieser Ausgabe des Brühler Bilderbogen und eine schöne Osterzeit.
 
Ihr Team vom Brühler Bilderbogen
 
Telefon: 0 22 32 / 15 22 22
Fax: 0 22 32 / 15 22 21
E-Mail: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein.